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Ich zitier einfach mal die Kritik von Übermedien aus deren Newsletter:
Es ist, als hätten NDR und BR die folgende Idee umgesetzt: „Bild“-Journalismus, aber im Stil eines öffentlich-rechtlichen Magazins. Emotionalisierung, Framing, Einseitigkeit, das Schüren von Ressentiments gegen Migranten – alles, was wir von „Bild“ (und auch Plattformen wie „Nius“) kennen, nur eben als Fernsehsendung mit NDR-Logo.
„Klar“ greife „große Streitfragen auf, die in der Mitte der Gesellschaft kontrovers diskutiert werden“, hieß es in einer Pressemitteilung vorab. Thema der ersten Ausgabe war – wer hätte das geahnt – Migration.
Auf X kündigte Moderatorin Julia Ruhs ihre neue Sendung so an:
“Das gefällt vielleicht nicht jedem, aber NDR und BR starten ein neues Format – für mehr Meinungsvielfalt. Wir haben in den letzten Jahren zu oft unliebsame Themen ausgeblendet.”
Fast wortgleich klingt auch das, was sie zu Beginn der Sendung sagt: „Was jetzt kommt, wird vielleicht nicht jedem gefallen.“ Oder: „Wir von ‚Klar‘ sagen, was falsch läuft.“ Sie suggeriert damit, dass die Sendung die Themen anspricht, die andere (öffentlich-rechtliche Formate) nicht ansprechen. Dass hier Stimmen zu Wort kommen, die anderswo nicht zu hören sind. Aber ist das so? Naja, nicht wirklich.
Wer sich zuletzt nicht in einer Waldhütte ohne Fernsehen und Internet aufgehalten hat, dem dürften die Themen und Begriffe, die „Klar“ aufgreift, einigermaßen bekannt vorkommen. Es geht um Messerattacken, den angeblichen „Kontrollverlust“ bei der Migration, Abschiebungen, naive Grüne und faule Migranten, die Bürgergeld kassieren. Es geht um uns Deutsche und die Migranten, die anderen Kulturen, die Gewalt, Frauenhass und Antisemitismus zu uns in die sonst so schön friedliche Bundesrepublik bringen. „Taz“-Autorin Gilda Sahebi kommentierte: „Im Prinzip ist die Sendung also nicht mehr als eine konzentrierte Aneinanderreihung von Spaltungserzählungen – die ‚bösen‘ Migranten gegen die ‚guten‘ Deutschen.“
Vieles, worum sich gefühlt fast der gesamte Wahlkampf, die Berichterstattung der vergangenen Monate sowie sämtliche Talkshows gedreht haben – auch die der Öffentlich-Rechtlichen –, wird hier in einen Topf geworfen, vermischt und ohne weitere Einordnung oder Gegenpositionen 45 Minuten lang vor dem Zuschauer wieder ausgeschüttet. Auch Gilda Sahebi weist darauf hin, dass es das alles schon gab:
„Im Jahr 1966 titelte eine Kölner Boulevardzeitung nach einer Serie von Gewalttaten, dass die ‚Gastarbeiter‘ Köln in ein ‚Chicago am Rhein‘ verwandeln würden. Die Bild-Zeitung schrieb 1967 über eingewanderte Menschen: ‚Sie halten Frauen wie Kamele.‘ Die Idee, ‚Klartext‘ zu sprechen, hatten allem Anschein nach auch schon andere. Besonders neu ist das, was ‚Klar‘ da erzählt, also nicht. Auch öffentlich-rechtliche Formate wiederholen diese Erzählungen seit Jahrzehnten rauf und runter. Allerdings in der Regel ohne das ‚Wir sagen das, was andere sich nicht trauen‘-Prädikat.“
Und Samira El Ouassil warnte im „Spiegel“ in einer Rezension des neuen Formats:
„Wenn ständig wiederholt wird, über Migration dürfe man ja nicht reden, bleibt vor allem hängen, dass man nicht darüber reden darf.“
Das beste Beispiel dafür, dass das, was „Klar“ in seiner Pilotfolge zum Thema macht, auch vorher schon erzählt wurde, ist: „Klar“. Die Sendung begleitet einen Vater, dessen Tochter zusammen mit ihrem Freund vor zwei Jahren von einem Asylbewerber ermordet wurde und der nun für eine Reform des Asylrechts kämpft. Die Reporter gehen mit ihm in die Sendung von Markus Lanz, wo er als Talkgast geladen ist, und sie verwenden Ausschnitte seines Besuchs bei „RTL Direkt“. Sie zeigen also, wie präsent dieser Mann mit seinen Forderungen in den Medien ist, auch in Formaten, die viel mehr Reichweite haben dürften als die neue Sendung „Klar“.
Und keine Frage, dieser Vater hat Schlimmstes erlebt und es ist legitim, dass seine Position gehört wird. Seine Geschichte, die sich durch die ganze Sendung zieht, geht nah. Doch sie erweckt auch den Eindruck, solche Gewalttaten bzw. deren Verhinderung stünden in unmittelbarem Zusammenhang mit mehr Abschiebungen, Grenzschließungen oder einer Abschaffung des Asylrechts. Zumindest das sollten Journalisten hinterfragen.
Es ist ja grundsätzlich gut, wenn sich die ARD Gedanken über Meinungsvielfalt im Programm macht. Aber halt nicht so. „Klar“ wirkt wie ein plumper Versuch, dem Vorwurf, man sei zu links-grün, irgendetwas entgegenzusetzen. Ein rechtskonservatives Format für alle, die man von Telegram-Kanälen und alternativen Medienplattformen abholen und deren Vertrauen man zurückgewinnen will.
Dass Julia Ruhs (Jahrgang 1994) als Moderatorin ausgewählt wurde, ist keine Überraschung. Sie kokettiert immer wieder damit, dass sie eine der wenigen Konservativen unter jungen Journalisten ist – vor allem unter den jungen öffentlich-rechtlichen Journalisten. In ihrer „Focus Online“-Kolumne grenzt sie sich von „Klimaaktivisten, Gender-Bewegten und Zeitgeist-Anhängern“ ihrer Generation ab und erklärt unter anderem, dass sie niemanden kenne, „der Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, Herkunft oder ethnischer Gruppenzugehörigkeit für minderwertig hält“ – und das, obwohl sie privat „weit weg von linken Blasen“ lebe. Ihr Buch „Die links-grüne Meinungsmacht: Und wie sie unser Land spaltet“ ist für August angekündigt.
In einer ZDF-Debattensendung mit dem Titel „Was darf man noch sagen?“ – auf so einen Titel war vorher wirklich noch keiner gekommen – war Ruhs kürzlich zu Gast und sagte, auch in Bezug auf alternative Medien:
„Dadurch, dass wir als Journalisten nicht mehr die Gatekeeper sind, müssen wir aufpassen, dass wir Diskussionen, die man führen muss in der Gesellschaft, nicht außen vor lassen und anderen Plattformen überlassen. Und wenn wir es nicht hinkriegen, auch als öffentlich-rechtlicher Rundfunk, dass wir die Leute wieder einsammeln mit Journalismus, der für alle ist, dann sind wir in meinen Augen mit schuld an der Spaltung der Gesellschaft.“
Ich kann diesen Gedanken verstehen – also dass Journalisten die Konkurrenz auf anderen Plattformen zu schaffen macht und es immens wichtig ist, den Draht zum Publikum nicht zu verlieren. Aber gerade öffentlich-rechtliche Sender sollten auf plumpe und populistische Inhalte anderer Plattformen nicht mit fast denselben plumpen und populistischen Inhalten antworten.
Die redaktionelle Leitung des Formats „Klar“ hat der NDR-Journalist Thomas Berbner übernommen – auch er eine wenig überraschende Wahl. Er hatte nach dem Ampel-Aus im Dezember in einem „Tagesthemen“-Kommentar in „bestem Stammtisch-Jargon“ (FAZ) gegen Habeck und die „grüne Ideologie“ gepoltert. FAZ-Redakteur Harald Staun schrieb damals:
„Um das beitragszahlende Publikum zu Reaktionen zu bewegen, reicht es schon, das undifferenzierte Bashing abzuliefern, das es überall anders umsonst gibt. Aber warum ihm dafür auch jene applaudieren, die sonst notorisch durchdrehen, wenn irgendwo ein Journalist seine eigene Meinung äußert, ist etwas rätselhaft.“
Diese Sätze passen auch bei „Klar“. Auf der Plattform X und in den YouTube-Kommentaren bejubeln viele Nutzer das neue Format. Eine Nutzerin schreibt: „Endlich mal ein Format, das sich wagt, unbequeme Wahrheiten an- bzw. auszusprechen.“ Bislang sind zwei weitere Sendungen geplant. Im Mai soll es laut Pressemitteilung um Bauern gehen, im Juni um Wirtschaft.
Beim NDR herrscht intern offenbar viel Unmut über die neue Sendung. Einige Mitarbeiter äußerten ihre Kritik auch öffentlich. Der Journalist und Moderator Daniel Bröckerhoff distanzierte sich „als freier Mitarbeiter des NDR von dieser Produktion“ und warf den Machern vor, „rechtspopulistische Takes“ zu normalisieren. Frederik Merten, der als freier Cutter beim NDR arbeitet und anfangs am Schnitt der Sendung beteiligt war, schrieb bei Threads, es sei mit „Abstand die schlimmste Produktion“ gewesen, an der er jemals mitgearbeitet habe. Er empfinde es „als Schande, im Abspann genannt zu werden und bedaure, nicht früher ausgestiegen zu sein“.
In diesem Sinne hat Julia Ruhs Recht: „Klar“ gefällt nicht jedem. Das liegt aber vielleicht auch einfach an der mangelnden journalistischen Qualität.
Hm, finde das wenig überzeugend. Es wird ja kaum etwas inhaltlich kritisiert, stattdessen gibts ad hominem, Strohmänner und n bisschen Meta-Blabla.
Inhaltliche Kritik finde ich eigentlich nur hier:
Und keine Frage, dieser Vater hat Schlimmstes erlebt und es ist legitim, dass seine Position gehört wird. Seine Geschichte, die sich durch die ganze Sendung zieht, geht nah. Doch sie erweckt auch den Eindruck, solche Gewalttaten bzw. deren Verhinderung stünden in unmittelbarem Zusammenhang mit mehr Abschiebungen, Grenzschließungen oder einer Abschaffung des Asylrechts. Zumindest das sollten Journalisten hinterfragen.
Damit haben sie auf jeden Fall einen guten Punkt.
Die Gegenfrage muss man sich aber auch stellen: Werden mehr Abschiebungen, Grenzschließungen oder einer Abschaffung des Asylrechts gar nichts ändern?
Klar wird das was ändern. Das Land wird aber weniger vielfältig und wir alle verlieren Bürgerrechte.
Es würde nichts an der Gewalt ändern (bzw. wird es womöglich mehr Gewalt geben, immer mal ein Pogrom ist ja dann ok). Die mediale Darstellung könnte sich aber ändern (wobei sich sicher eine neue Gruppe Sündenböcke findet).
Ich zitier einfach mal die Kritik von Übermedien aus deren Newsletter:
Hm, finde das wenig überzeugend. Es wird ja kaum etwas inhaltlich kritisiert, stattdessen gibts ad hominem, Strohmänner und n bisschen Meta-Blabla.
Inhaltliche Kritik finde ich eigentlich nur hier:
Damit haben sie auf jeden Fall einen guten Punkt. Die Gegenfrage muss man sich aber auch stellen: Werden mehr Abschiebungen, Grenzschließungen oder einer Abschaffung des Asylrechts gar nichts ändern?
Klar wird das was ändern. Das Land wird aber weniger vielfältig und wir alle verlieren Bürgerrechte.
Es würde nichts an der Gewalt ändern (bzw. wird es womöglich mehr Gewalt geben, immer mal ein Pogrom ist ja dann ok). Die mediale Darstellung könnte sich aber ändern (wobei sich sicher eine neue Gruppe Sündenböcke findet).